Too Many Bones steht seit Jahren auf den vorderen Plätzen der Top-Liste auf BoardGameGeek und gehört damit nach Meinung der Spieler zu den besten Spielen der Welt. Und das völlig zu Recht - Too Many Bones ist auch nach meiner Meinung ein großartiges Spiel. Nun gibt es das Grundspiel erstmalig auf Deutsch. Auch die zahlreichen Erweiterungen sollen nach und nach auf Deutsch veröffentlicht werden. (Hinweis: Diese Rezension beruht auf Erfahrungen mit der englischen Version des Spiels und seinen Erweiterungen.)\r\n\r\nWorum geht es?\r\n\r\nWir sind eine Gruppe von ´Gearlocs´ (gewitzte, gnomartige Wesen mit langen spitzen Ohren), die in ein Abenteuer ziehen, um ihre Heimat gegen einen finsteren Tyrannen zu verteidigen. Hierfür erleben sie Tag für Tag Begegnungen, die unsere Gearlocs vor knifflige Aufgaben stellen und nicht selten in einen Kampf mit den Schergen des Tyrannen münden. Erfolgreiche Begegnungen gewähren als Belohnung Fortschrittspunkte, Trainingspunkte oder wertvolle Beute (´Loot´).\r\n\r\nEine bestimmte Zahl an Fortschrittspunkten ist Voraussetzung, um nach einer vorgegebenen Anzahl von Tagen den Tyrannen herausfordern zu dürfen.\r\nTrainingspunkte erlauben es den Gearlocs, ihre Statuswerte zu erhöhen oder neue Fähigkeiten zu erlernen.\r\n\r\nJeder Gearloc startet mit vier Attributen, deren Werte meistens zwischen 1 und 4 liegen: Leben, Geschick, Offensive und Defensive. Diese Werte können durch Trainingspunkte jeweils um bis zu 6 Punkte erhöht werden. Der Offensiv- und Defensivwert sagt aus, wie viele Angriffs- bzw. Verteidigungswürfel einem Gearloc im Kampf in jedem Zug zur Verfügung stehen. Wie viele Würfel tatsächlich geworfen werden dürfen, hängt allerdings vom Geschicklichkeitswert ab. Geschick wird zudem gebraucht, um sich auf dem Schlachtfeld zu bewegen. Lebenspunkte (LP) geben an, wie lange ein Gearloc im Kampf durchhält. Fallen die LP auf Null, ist der Gearloc besiegt und kann nicht mehr am Kampf teilnehmen. Wenn alle Gearlocs besiegt sind, ist der Kampf verloren und die Begegnung ist nicht erfolgreich absolviert. Es gibt dann auch keine Belohnung.\r\n\r\nJeder Gearloc kommt mit 16 einzigartigen Fähigkeitswürfeln, die sich zu Beginn nicht im Spiel befinden (Ausnahme: Startfähigkeiten, die manche Gearlocs bereits haben). Ein Trainigspunkt kann verwendet werden, um eine neue Fähigkeit zu erlernen und den entsprechenden Würfel zu erhalten, der dem Gearloc dann für den Rest des Abenteuers zur Verfügung steht. Jeder Gearloc hat zudem ein angeborenes Talent, das einmalig im Abenteuer verbessert werden kann. Diese individuelle Charakter- und Fähigkeitenentwicklung macht jeden Gearloc im Lauf des Abenteuers und auch jedes Spiel für sich einzigartig.\r\n\r\nLoot gibt es in einfacher Form und in Form von Schatztruhen, die in der Erholungsphase zwischen den Begegnungen erst geknackt werden müssen. Dies geschieht durch eine Art ´Spiel im Spiel´. Dabei müssen mit Hilfe von vier speziellen Würfeln nacheinander alle drei Schlösser der Truhe geöffnet werden. Das ist oft nicht ganz einfach, aber der Aufwand lohnt sich. Schatztruhen enthalten in der Regel sehr mächtige Gegenstände oder Fähigkeiten. Oft ist der geschickte Einsatz von Loot das Zünglein an der Waage, um einen engen Kampf doch noch für sich zu entscheiden.\r\n\r\nKämpfe\r\n\r\nDie abwechlungsreichen und sehr taktischen Kämpfe gegen die Gehilfen des Tyrannen und schließlich gegen den Tyrannen selbst sind das zentrale Element und der größte Reiz des Spiels. Das liegt auch an den vielfältigen Bösewichten, die im Spiel vorkommen und die alle einzigartige Eigenschaften und Fähigkeiten haben, um den Gearlocs das Leben schwer zu machen. (Im Original heißen die Bösewichte ´Baddies´, in der deutschen Fassung ´Fieslinge´... nun ja). Jeder Tyrann bringt seine eigenen Spezies an Gehilfen mit in das Abenteuer: Da gibt es Sumpfwesen, die bevorzugt mit Gift um sich spritzen, Goblins, Trolle und Orks, Bestien und Schuppenwesen. Jeder dieser Gegner hat (wie die Gearlocs) Lebenspunkte und einen bestimmten Angriffs- und Verteidigungswert, dazu aber noch individuelle Fähigkeiten, die jeweils ein bestimmtes taktisches Vorgehen im Kampf erfordern, um am Ende siegreich zu sein.\r\n\r\nEs gibt harmlosere und eher ´lästige´ Fähigkeiten: etwa dass ein Gegner pro Zug nur einen Lebenspunkt verlieren kann, egal wie viele Treffer er einstecken musste; oder dass sich ein Gegner versteckt bzw. in die Lüfte erhebt und eine Runde lang nicht angreifbar ist. Andererseits gibt es aber auch höchst ´gemeine´ Fähigkeiten der Bösewichte: etwa dass sie die bereits aktivierten Verteidigungswürfel eines Gearlocs beseitigen und ihn damit schutzlos machen; oder dass Angriffswürfel an der harten Haut eines Golems ´zerbrechen´ und für den Rest des Kampfes nicht mehr benutzt werden können.\r\n\r\nAuch die ganz unterschiedlichen Charaktere und Fähigkeiten der Gearlocs verlangen jedes Mal eine andere Herangehensweise und machen jeden Kampf zu einem taktischen Leckerbissen. Die Kämpfe finden auf einer Gefechtsmatte mit einem 4x4-Raster statt. Die Startaufstellung der Gegner ist vorgegeben, die Gearlocs können dagegen in gewissen Bereichen frei platziert werden, abhängig davon, ob es sich um einen Nah- oder Fernkämpfer handelt. Die Platzierung ist schon die erste wichtige taktische Entscheidung, die die ersten Kampfrunden stark beeinflusst. Danach läuft der Kampf rundenbasiert ab und jede Einheit ist abhängig von ihrer Initiative nacheinander am Zug. Die Kämpfe sind oft anspruchsvoll und der finale Kampf gegen den Tyrannen ist eine echte Herausforderung. Aber die Befriedigung, wenn man es letztlich geschafft hat, ist dadurch umso größer.\r\n\r\nBEWERTUNG:\r\n\r\nWie eingangs gesagt, ist Too Many Bones für mich ein großartiges Spiel. Es macht viel Spaß, sich einen bestimmten Tyrannen auszuwählen und ein Team von Gearlocs zusammenzustellen, das sich dem Abenteuer stellt. Das Grundspiel kommt bereits mit vier Gearlocs, die (bis auf Tantrum) nicht allzu schwer zu spielen sind, und zusammen viele wesentliche Aspekte für ein erfolgreiches Abenteuer abdecken:\r\n\r\nDa ist Patches, der sich auf Heilung spezialisiert hat, aber mit seiner Knochensäge und Gifttränken auch ordentlich Schaden austeilen kann.\r\nBoomer bastelt Granaten und beharkt die Gegner damit großflächig aus der Ferne.\r\nPicket wiederum hat sich auf Verteidigung spezialisiert, kann Schaden auf sich lenken und damit seine Gefährten schützen.\r\nTantrum zu guter Letzt zieht seine Angriffskraft vor allem aus der ´Wut´, die sich mit jedem Angriff und jedem erlittenen Schaden steigert.\r\n\r\nEs macht großen Spaß, sich auf ein Abenteuer einzulassen, die vielfältigen und stimmungsvollen Begegnungen anzugehen, sich den anspruchsvollen Kämpfen zu stellen und seine Gearlocs individuell zu entwickeln. Da man im Lauf eines Abenteuers normalerweise nicht so viele Trainingspunkte erwerben kann, um alle Fähigkeiten zu entwickeln und auszubauen, muss man sich zwangsläufig spezialisieren und kann in jeder Partie einen neuen Fähigkeitenstrang ausprobieren, bis man für sich die optimale Herangehensweise für den jeweiligen Gearloc entdeckt hat.\r\n\r\nJeder Gearloc spielt sich durch seine einzigartigen Fähigkeiten anders. Die Varianz und der Wiederspielwert ist dadurch und durch die abwechslungsreichen Begegnungskarten und die immer neue Zusammenstellung der Gegner und deren Fähigkeiten quasi unendlich. Zudem kommt das Grundspiel bereits mit sieben verschiedenen Tyrannen. Auch in der Hinsicht ist bereits für Abwechslung gesorgt. Und die Erweiterungen bringen noch eine Unmenge weiteres Material für viele kurzweilige Spielstunden.\r\n\r\nApropos Material: Die Materialqualität ist hervorragend. Wunderschöne Neopren-Matten, schwere, wertige Chips für die Gearlocs und die Bösewichte, unverwüstliche Karten aus PVC und die unzähligen, toll gestalteten Würfel machen das Spiel zu einer Augenweide und fast schon zu einer Wertanlage.\r\n\r\nDas Spiel ist im Kern ein Würfelspiel. Natürlich gibt es dadurch einen gewissen Glücksfaktor. Wenn man in den Kämpfen mehrfach hintereinander Pech beim Würfeln hat und die Gegner dagegen viel Schaden erwürfeln, kann ein Kampf auch mal schnell verloren sein, obwohl man nicht viel falsch gemacht hat. Das ist aber sehr selten. Man kann durch gutes Taktieren und kluges Vorgehen das Glücksmoment gut im Griff behalten.\r\n\r\nZudem sieht das Spiel auch einen genialen Mechanismus für Fehlwürfe vor: den Backup-Plan, den jeder Gearloc in der Hinterhand hat!\r\nFast alle Würfel haben Seiten mit Knochen, die grundsätzlich als Nieten zählen. Würfelt man daher zu viele Knochen (Too Many Bones!), schlägt ein Angriff im Ergebnis fehl. Die erwürfelten Knochen können dafür aber in den Backup-Plan des Gearlocs eingeloggt werden. Dieser ´Notfall-Plan´ kann einmal pro Zug während des Kampfes aktiviert werden. Je mehr Knochen aus dem Plan abgegeben werden, desto stärkere Effekte werden ausgelöst. So ein Effekt kann z. B. zusätzlichen Schaden an einem Gegner verursachen, Lebenspunkte des Gearlocs heilen oder andere mächtige Fähigkeiten auslösen, etwa einen Gegner betäuben, der dadurch seinen nächsten Zug komplett verliert. Mit dem sechsten Knochen im Backup-Plan wird zudem das angeborene Talent des Gearlocs auf das fortgeschrittene Level gehoben, was für den Rest des Abenteuers wirksam bleibt.\r\n\r\nToo Many Bones ist ein kooperatives Spiel. Bis zu vier Spieler machen sich als Gruppe von Gearlocs auf, den Tyrannen zu besiegen. Das Spiel ist aber auch sehr gut solo spielbar, entweder true solo oder indem ein Spieler zwei Gearlocs steuert. Das Spiel passt den Schwierigkeitsgrad sehr gut an die Spielerzahl an. Je mehr Gearlocs im Spiel sind, desto mehr oder schwierigere Gegner kommen in jedem Kampf zum Einsatz.\r\nDennoch wird das Spiel tendeziell einfacher, je mehr Gearlocs im Spiel sind. Denn auf der Gefechtsmatte (dem ´Schlachtfeld´) befinden sich immer höchstens vier Gegner gleichzeitig (der nächste Gegner rückt erst am Ende einer Runde nach, wenn ein Gegner besiegt wurde). Und es ist natürlich einfacher, sich diesen vier Gegnern mit vier Gearlocs zu stellen als nur mit einem oder zwei. Dennoch klappt das Spiel auch mit einem oder zwei Gearlocs sehr gut. Gerade im Solo-Spiel kommen manche Gegner erst gar nicht ins Spiel oder es gibt andere Anpassungen auf den Begegnungskarten, so dass der Schwierigkeitsgrad auch für Solo-Spieler nicht zu hoch wird.\r\n\r\nAlles in allem eine klare Empfehlung für Liebhaber von taktischen und story-getriebenen Abenteuerspielen mit tollem Material und viel Variabilität. Von mir gibt es hierfür die Höchstwertung von sechs Punkten.\r\n
Peter hat Too Many Bones (Reprint) klassifiziert.
(ansehen)